Bericht über das Sachsentreffen 2019 in Bistritz
Bürgermeister Ovidiu Cretu im Brustton der Überzeugung: „Willkommen zu Hause – Heute sind wir alle Sachsen“


Unter dem Motto „Gemeinsam – Gedenken – Aufbauen“ begingen viele hunderte Siebenbürger Sachsen mit ihren Freunden das 29. Sachsentreffen von Freitagabend, dem 20. September, bis Sonntag, den 22. September in Bistritz und demonstrierten bei vielfältigen hochklassigen Veranstaltungen große Gemeinsamkeit.


Anders als in den Jahren zuvor, begann die Veranstaltung in diesem Jahr schon am Freitag und erstreckte sich über das gesamte Wochenende, da die HOG Bistritz- Nösen und die Regionalgruppe Nordsiebenbürgen-Nösen des HOG-Verbandes auch zu einem speziellen Nordsiebenbürger Treffen eingeladen hatten. Bereits am Freitag wurde im Kulturpalast (Gewerbeverein) eine Gemäldeausstellung des 2014 verstorbenen Malers Gustav Gross aus Bistritz eröffnet. Die sehr aussagekräftige Einführung in die Ausstellung besorgte Erich Kohlruss, ehemaliger Schulkamerad und Freund des Malers. Gross kam aufgrund der Evakuierung der Deutschen aus Nordsiebenbürgen im September 1944 als Jugendlicher nach Österreich. Darüber hinaus präsentierte Dr. Volker Wollmann am Freitag auch das Buch „Erinnerungen des Taschnermeisters Arthur Karl Wollmann (1906-2001) an Bistritz und Mühlbach“. Bei der musikalischen Begleitung der Vernissage tat sich in besonderem Maße Carla Sophie, die Tochter des Ehepaars Aichinger aus Mondsee hervor. Zum Abschluss des Abends präsentierte Dr. Hans Georg Franchy Auszüge aus dem Film „Bistritz und das Nösnerland 2019“, der bei den Anwesenden viel Anklang fand. Den Abend insgesamt machte das „Trio Saxones Plus“ im Zelt am Hauptplatz zum wahren geselligen Genuss.

Am Sonnabend hielt ab 11 Uhr Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner den Festgottesdienst in der Evangelischen Kirche. Im Anschluss fand bei bestem Wetter der Trachtenaufmarsch statt. Martin Bottesch Vorsitzender des Siebenbürgenforums und Dr. Hans Georg Franchy begrüßten auf der großen Bühne in der Fußgängerzone alle Anwesenden und eröffneten das Programm des Sachsentreffens Grußworte sprachen Bürgermeister Ovidiu Cretu, die Botschafterin der Republik Österreich Isabel Rauscher, der Generalkonsul Hans W. Tischler der Bundesrepublik Deutschland Hans W. Tischler, Ilse Welther Vorsitzende des HOG Verbandes, Manfred Schuler Bundesobmann der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Rainer Lehni Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Christian Roth–Gross Vorsitzender des Bistritzer Forums. Lehni betonte „Auch, wenn die Zahl jener, die die Flucht 1944 bewusst miterlebt haben, schwindet, gibt es an den neuen Wohnorten heute eine zweite und auch schon dritte Generation derer, die ihre Wurzeln hier im Nösnerland und Reener Ländchen haben, das Bewusstsein, seine Wurzeln hier in Siebenbürgen zu haben, ist wach und rege und wird weitergeführt.“
Das Kulturprogramm mit Volkstanz und Blasmusik folgte auf der imposant ausgestatteten Bühne am Hauptplatz. Zur gleichen Zeit fand im Kulturhaus ab 15 Uhr der Festvortrag von Horst Göbbel zum Thema „Evakuierung vor 75 Jahren“ sowie die Verleihung der Honterusmedaille des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen statt. Die Gedenkveranstaltung zur Flucht und Evakuierung der Deutschen aus Nordsiebenbürgen vor 75 Jahren fand ab 17 Uhr am Dominikanerplatz statt. Hier wurde im September 2014 ein Denkmal des Künstlers Mircea Mocanu errichtet, welches an die Evakuierung von rund 35.000 Siebenbürger Deutschen vor der herannahenden Roten Armee erinnern soll.
Ein musikalischer Hochgenuss war das Konzert des Welser Symphonieorchesters unter der Leitung des Dirigenten Walter Rescheneder im wunderschön restaurierten Saal des Gewerbevereins. Gespielt wurden Werke von Antonio Vivaldi, Ludwig van Beethoven und Johann Strauss. Der Abschluss des zweiten Tages fand in Festzeltstatt wo die Trauner Adjuvanten für gute Stimmung sorgten.

Der dritte Tag, der Sonntag, begann mit einem Festgottesdienst mit Abendmahl. Die Predigt des Bischofs Reinhart Guib erreichte die Herzen der zahlreichen Kirchenbesucher.
Die Bistritzer Promenade ist bei gutem Wetter immer gut besucht. So war es auch bei dem zweistündigen Konzert des Drabenderhöher Blasorchesters am Sonntagnachmittag. Langanhaltender Beifall belohnte die Musiker unter der Leitung von Jürgen Poschner.
Auch der dritte Abend klag wieder im Festzelt aus. Für gute Unterhaltung sorgten das Kulturhausorchesters und Helmuth Kasper.

Dem Gedenken an die dramatische Flucht widmeten sich gleich zwei Veranstaltungen: der Vortrag „Gedenken mit Zuversicht“ von Horst Göbbel im Kulturpalast und eine große Kundgebung vor dem 2014 aufgestellten Denkmal des Bildhauers Mircea Mocanu am Dominikanerplatz, dem in diesem Jahr zehn Tafeln mit den Ortsnamen und der Anzahl der Geflüchteten hinzugefügt worden sind,

In seinem Vortrag rekapitulierte Horst Göbbel im Gewerbeverein knapp die Ereignisse vom Herbst 1944 und ordnete sie aus heutiger Sicht ein. Er hielt zusammenfassend fest: „Geschlossenheit, fester Glaube und unbedingter Wille haben dazu geführt, dass unsere Mütter und Väter, unsere Großmütter und Großväter diese existenzielle Herausforderung 1944/1945 meisterhaft bewältigt haben. Dafür – auch dafür - verdienen unsere Väter, Mütter, Großväter, Großmütter, Geschwister unser aller Respekt und Dank. Ebenso verdienen unsere Bistritzer Freunde von heute, die Bistritzer Stadtverwaltung, besonders ihr Bürgermeister Ovidiu Crețu Respekt und Dank.“
Ohne die große Unterstützung des Bistritzer Bürgermeisters und der Stadtverwaltung und der optimalen Zusammenarbeit mit der HOG Bistritz-Nösen (Dr. Hans Georg Franchy und Ovidiu Creţu sind echte Freunde!!!) sowie der ev. Landeskirche stünde wahrscheinlich die Stadtpfarrkirche nicht vor dem Abschluss ihrer grundlegenden Renovierung, das Ev. Gymnasium würde nicht einer umfassenden Renovierung entgegensehen, es gäbe wohl kein Denkmal zur Evakuierung und keine Büste von Georg Fischer vor dem Gymnasium. (Georg Fischer (1843-1923) war Direktor des Ev. Gymnasiums (1882-1914). Unter seiner Leitung entstand der Neubau des Gymnasiums 1908-1910 auf der Fleischerallee), es hätte wohl 2010 und 2019 kein Sachsentreffen in Bistritz gegeben.
Am Denkmal bei der Gedenkfeier sprachen Martin Bottesch, Bürgermeister Ovidiu Cretu und Stadtpfarrer Dieter Kraus. In bewegenden Worten beleuchteten sie die Ereignisse von 1944 und deren Folgen. Die Flucht der Siebenbürger Sachsen markiere „das Verschwinden einer Welt, die nie wiederkehrt“, bedauerte Bürgermeister Ovidiu Crețu. Der Verlust wirke sich bis heute auf das Alltagsleben der Stadt Bistritz aus. Stadtpfarrer Hans-Dieter Krauss ergänzte: „Als die Ostfront Nordsiebenbürgen überrollte, veränderte sich das Weichbild der von den Siebenbürger Sachsen gegründeten Ortschaften grundlegend.“ Die Evakuierung führte dazu, dass die sächsischen Gemeinschaften im Bistrizter und Reener Land praktisch aufhörten zu existieren, bekräftigte Martin Bottesch. Die dem würdigen Rahmen angepasste musikalische Untermalung der Gedenkveranstaltung erfolgte durch das Blasorchester Drabenderhöhe unter der Leitung von Jürgen Poschner.
Die beiden Festgottesdienste am Samstag und am Sonntag offenbarten die Tiefe der inhaltlichen Grundgedanken des Treffens und des Mottos „Gemeinsam. Gedenken. Aufbauen“
An ihre „Brüder und Schwestern“ richtet sich Hildegard Servatius-Depner in ihrer Predigt. Auf dem Dorf sei diese Anrede früher üblich gewesen: „Bruder Misch“ oder „Schwester Maja“. Heute schließt die Pfarrerin auch Rumänen, Ungarn und anderen Ethnien, die jüngere wie die ältere Generation, als „Brüder und Schwestern unter Christus“ explizit mit ein. Könne es eine schönere Anrede geben?
Die österreichische Botschafterin Isabel Rauscher erläutert in ihrer Ansprache, warum die Österreicher heuer so stark vertreten sind: In Österreich haben nach 1944 viele Nordsiebenbürger eine neue Heimat gefunden. Musiker und Tanzgruppen aus Traun und Wels defilierten daher im Trachtenzug, die Trauner Adjuvanten bestritten das abendliche Blasmusikkonzert am Hauptplatz, das Welser Symphonieorchester ein außerordentliches Konzert im Kulturhaus. Eine Delegation aus zwei stellvertretenden Bürgermeistern und sechs Stadträten aus Wels würdigte die Partnerschaft dieser Stadt mit Bistritz, vor fünf Jahren initiiert von Dr. Fritz Frank, dem 96-jährigen Ehrenobmann der Siebenbürger Sachsen in Österreich.

Konsul Hans Erich Tischler lobt vor allem den Beitrag der HOGs in Deutschland als „wahre Brücke zwischen den Ländern“: Ohne die konkreten Aktionen der Heimatortsgemeinschaften – „mal wird hier eine Orgel restauriert, mal dort ein Friedhof instandgesetzt“ – wären die bilateralen Beziehungen bei weitem nicht so stark.
Renoviert, umgebaut und aufgebaut wird heute an vielen Kirchenburgen im Land, nicht nur in Bistritz, bemerkt Bischof Guib. „Das Aufbauen ist im Heute verankert, zielt aber auf die Zukunft.“ „Ich betrachte Bauen und Aufbauen als eine Art Therapie in der Vergangenheitsbewältigung“, sagt auch Hildegard Servatius-Depner. Und auf einmal verstehen wir, warum die Baustellenatmosphäre in der Kirche niemanden gestört hat.

Der Vorstand


Bistritz und das Nösnerland 2019

Im Sommer 2019 gelang der HOG Bistritz-Nösen nicht nur die erfolgreiche Mitorganisation des Sachsentreffens 2019, sie hat auch einen sehenswerten Film mit dem Titel „Bistritz und das Nösnerland 2019“ erarbeiten lassen. Nach einer Idee von Dr. Hans Georg Franchy erstellten die Bistritzer Filmemacher Gigi und Nicoleta Cherechesiu vom rumänischen Fernsehen TVR1 ein wahres kleines Meisterwerk. Im ersten Teil „Bistritz damals und heute“ sind 82 Minuten Bilder aus der Stadt zu sehen, kommentiert während eines ausgedehnten Spaziergangs u.a. von Erich Kohlruss, Dr. Hans Georg Franchy oder Bürgermeister Ovidiu Cretu. Die Vergangenheit der Stadt tut sich wohltuend auf und wird in Beziehung mit der Gegenwart gesetzt. Ebenso scheinen auch Perspektiven der Zukunft dieser Stadt als europäische Stadt durch.
In der zweiten DVD „Im Nösnerland 2019“ (135 Minuten) gelingt es den Autoren, einen erhellenden Streifzug durch alle Dörfer des Nösnerlandes (plus Tekendorf und Passbusch), die 1944 an der Evakuierung der Nordsiebenbürger Sachsen beteiligt waren, durchzuführen. In jeweils ca. zweieinhalb bis fünf Minuten wird jede Ortschaft aus der Luft (Drohnenfilme und Flugzeugaufnahmen) und vor Ort in einer völlig neuen Perspektive gezeigt, knapp von Horst Göbbel bzw. Hans Georg Franchy kommentiert und wunderbar musikalisch untermalt. Wahrlich eine klasse Leistung unserer sehr engagierten Filmemacher, die ihr Profikönnen so richtig ausbreiteten. Den Film gesehen zu haben, ist wahrlich ein gewisses Muss.


Zu beziehen bzw. zu bestellen ist er als Doppel DVD

in Deutschland bei Annemarie Wagner, Tel. 0049 (0) 911 73 92 66 bzw. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

sowie in Österreich bei Heide Wellmann, Tel. 0043 (0) 7613 3674 bzw. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

zum Preis von 10,- € plus Versandkosten.